Das Migros-Kulturprozent
Die Migros stellte 2013 CHF 120 Mio. dem Migros-Kulturprozent zur Verfügung, um im Sinne ihres Gründers Gottlieb Duttweiler der Gesellschaft «etwas zurückzugeben». Bis ins Jahr 2020 wird sie weitere CHF 1 Mrd. in Kultur, Bildung, Freizeit und soziale Projekte investieren.
Das Migros-Kulturprozent wurde 1957 in den Statuten verankert und setzt sich mit seinen Institutionen und Projekten in den Bereichen Kultur, Gesellschaft, Bildung und Freizeit für den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Menschen in der Schweiz ein. Das freiwillige Engagement erfolgt auf Basis eines festen Prozentsatzes des Umsatzes im Detailhandel und ist weltweit einzigartig. Mit einer breit gefächerten Onlinestrategie orientiert das Migros-Kulturprozent die Öffentlichkeit ausführlich über seine vielfältigen Engagements und Förderaktivitäten.
Nachhaltige Impulse für die Kultur
Die Förderaktivitäten des Migros-Kulturprozent im Bereich der zeitgenössischen Kultur tragen den Entwicklungen der heutigen Gesellschaft Rechnung und ermöglichen einem breiten Publikum den Zugang zu qualitativ hochstehenden Projekten, die in der Schweizer Kulturlandschaft bedeutende Impulse setzen.
Gleich zwei Gewinner des Migros-Kulturprozent CH-Dokfilm-Wettbewerbs konnten 2013 ihre fertigen Filme der Öffentlichkeit präsentieren: «Zum Beispiel Suberg» von Simon Baumann (Preisträger 2010) wurde im internationalen Wettbewerb des Festivals Visions du Réel uraufgeführt und fand im Herbst grosse Beachtung in den Deutschschweizer Kinos und Medien. Und im Wettbewerb des Zurich Film Festival lief «Service inbegriffe» von Eric Bergkraut (Preisträger 2011), dessen Kinostart im Frühling 2014 folgt. Das Migros-Kulturprozent begleitet und finanziert die Arbeit der Preisträger des CH-Dokfilm-Wettbewerbs von der Idee bis zum Endprodukt.
Das junge Klaviertrio Rafale begeisterte in der Tonhalle Zürich am 14. Kammermusik-Wettbewerb des Migros-Kulturprozent Jury und Publikum gleichermassen und gewann die Auszeichnung zum «Migros-Kulturprozent-Ensemble» wie auch den Publikumspreis. Das Migros-Kulturprozent unterstützt begabte Nachwuchstalente mit finanziellen Beiträgen und Auftrittsmöglichkeiten. Talente mit einem besonders grossen Potenzial erhalten zudem eine nachhaltige Förderung samt Talentplattform und Konzertvermittlung, Engagements und Beratungen. Bei Konzerten der vermittelten Musikerinnen und Musiker übernimmt das Migros-Kulturprozent zwei Drittel des Honorars.
An der Frankfurter Buchmesse wurde die Anthologie «Moderne Poesie in der Schweiz» vorgestellt, die das lyrische Schaffen in der Schweiz vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute reflektiert – erstmals in seiner ganzen Breite. Der von Roger Perret im Auftrag des Migros-Kulturprozent herausgegebene Band umfasst gegen 600 Werke von rund 250 Autorinnen und Autoren. Lyrische Prosa ist ebenso berücksichtigt wie Wort-Bild-Arbeiten, Mundartgedichte oder Songtexte. Das Buch stiess auf ein grosses Publikumsinteresse und wurde von Kritikern im gesamten deutschsprachigen Raum gelobt.
Mit IntegrART engagierte sich das Migros-Kulturprozent zum vierten Mal für die Aufhebung von normativen Grenzen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung in den darstellenden Künsten. In Kooperation mit lokalen Festivals in Basel, Bern, Genf und Zürich präsentierte IntegrART nationale und internationale Tanz- und Musikproduktionen. Im Mai 2013 fand zudem das Symposium «Vom Abfall zur Avantgarde – schöne Aussichten!» statt. Dabei wurde untersucht, was der Schönheitswahn für die Selbstverwirklichung des Menschen und für darstellende Künstlerinnen und Künstler mit einer Behinderung bedeutet.
Engagement für den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Das Migros-Kulturprozent realisiert Projekte in gesellschaftlich relevanten Feldern und engagiert sich dafür, dass sich die gesamte Bevölkerung aktiv an Prozessen zur Stärkung der Zivilgesellschaft beteiligen kann.
2013 konzipierte die Generationenakademie das spartenübergreifende Projekt GiM – Generationen im Museum. Dieses fördert mit Fachtagungen und Projektunterstützung Begegnungen zwischen Menschen unterschiedlicher Generationen in Museen der Deutschschweiz.
Zum zweiten Mal haben das Migros-Kulturprozent und die Eidgenössische Kommission für Migrationsfragen EKM das gemeinsame Förderprogramm contakt-citoyenneté ausgeschrieben. In der ersten Runde im Jahr 2011 wurden 30 integrative Projektideen mit insgesamt CHF 320ʼ000 unterstützt, und über 450 Personen setzten diese in interkulturellen Teams und mit Freiwilligenarbeit um. Die Veranstaltungen haben gezeigt, dass sich die Schweizer Bevölkerung durchaus für Themen wie Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt interessiert.
Mit dem Wettbewerb x-hoch-herz ermuntert das Migros-Kulturprozent Schulen, sich im Unterricht mit den Themen «freiwillig helfen» und «Verantwortung übernehmen» auseinanderzusetzen. Im Schuljahr 2012/2013 ging es um Songtexte zum Thema «Guets tue tuet guet!», eingereicht wurden 500 Songs und Raps aus der ganzen Schweiz. Die Gewinnerklassen konnten ihren Song unter professionellen Bedingungen im Tonstudio aufnehmen, die fünfzehn prämierten Titel sind auf einer CD erschienen und auch online hörbar.
Die Migros-Filiale Bubenberg in Bern lancierte im August 2013 mit Unterstützung des Migros-Kulturprozent ein Pilotprojekt, das den Begriff der sozialen Verantwortung neu definiert: Junge Erwachsene mit gesundheitlichen oder sozialen Beeinträchtigungen erhalten die Möglichkeit, eine Ausbildung zu absolvieren, um sich besser am Arbeitsmarkt zu positionieren. Die Lernenden mit Leistungseinschränkung sind zu normalen Konditionen angestellt und besuchen die öffentliche Berufsschule, dank einer individuellen Betreuung durch die Migros haben sie die Chance auf einen erfolgreichen eidgenössischen Lehrabschluss.
«Bildung für alle» – eine Realität seit 1944
Migros-Gründer Gottlieb Duttweiler setzte sich für das Prinzip «Bildung für alle» ein und bot bereits 1944 erste Sprachkurse in Italienisch, Französisch, Englisch, Spanisch und Russisch an. Das Migros-Kulturprozent führt Duttweilers Vision weiter und unterstützt mit rund der Hälfte seines Budgets die Klubschule Migros und die Eurocentres, das GDI Gottlieb Duttweiler Institute und den Gottlieb Duttweiler Lehrstuhl an der Universität St. Gallen. Das Thema Bildung hat traditionell für das Migros-Kulturprozent einen hohen Stellenwert. Es wird bewusst weit gefasst und berücksichtigt neben Bildung und Weiterbildung im engeren Sinne eine ganze Palette an Bildungsmöglichkeiten – bis hin zur kulturellen Selbstbefragung.
Die Klubschule Migros ist die grösste Erwachsenenbildnerin der Schweiz und bietet dank dem Migros-Kulturprozent für jede Lebenslage eine Vielzahl von Kursen und Lehrgängen in allen Regionen an. Sie identifiziert Lücken im Bildungssystem und hilft den Lernenden dabei, gezielt eine Brücke zwischen den Bildungswegen zu schlagen, zum Beispiel, um ein Diplom zu erwerben. Zum breiten Sprachangebot kommen die Bereiche Kultur und Kreativität, Bewegung und Gesundheit, Management und Wirtschaft, Informatik und Neue Medien sowie Ausbilderinnen und Ausbilder hinzu.
Die Zahlen für das Jahr 2013:
- 8ʼ911‘000 Teilnehmerstunden
- 391ʼ000 Kurs- und Lehrgangteilnehmende
- 53ʼ000 durchgeführte Kurse und Lehrgänge
- 7ʼ500 Kursleitende
- 1ʼ600 Mitarbeitende
- 600 verschiedene Kurs- und Lehrgangangebote
- 50 verschiedene Standorte
Mehr als 100ʼ000 Personen haben ihre Sprachkenntnisse bereits auf der Website der Klubschule Migros getestet. Diese Dienstleistung wurde 2013 überarbeitet: Neu passt sich der Schwierigkeitsgrad dem Wissen der Kandidaten an.
Die Klubschule Migros stellt ihren Studierenden schweizweit anerkannte DIPLOMA-Abschlüsse aus. Im Beirat finden sich namhafte Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Bildung. Diese Persönlichkeiten unterstützen die Strategieentwicklung und die Qualitätssicherung bei den DIPLOMA-Abschlüssen. Damit engagiert sich die Klubschule Migros als private Bildungsanbieterin dafür, dass die bildungspolitischen Ziele der Schweiz auf dem Weiterbildungsmarkt angemessen berücksichtigt werden.
Das Lernen von Fremdsprachen im Sprachgebiet ermöglicht neue Zugänge zu anderen Kulturen und Menschen. Mit der Stiftung Eurocentres will das Migros-Kulturprozent diesen Zugang möglichst vielen Menschen vor Ort verschaffen. 2013 eröffnete die neue Eurocentres-Schule in London in der Gegend des Eltham Palace. Parallel dazu wurde der bisherige Standort in London Central renoviert und mit neuer Technologie ausgestattet.
Im Berichtsjahr ging die innovative Plattform «my.Eurocentres» online, die es den Studierenden erlaubt, ihren Lernfortschritt online zu überprüfen und sich zu verbessern. my.Eurocentres enthält Multimedia-Übungen, Aufgaben und Bewertungen der Lehrenden sowie eine App zum Trainieren des Wortschatzes. Zudem bietet sie ein soziales Netzwerk innerhalb der Schule, mit dem Aktivitäten organisiert und Freundschaften auch nach Beendigung eines Sprachaufenthalts gepflegt werden können.
2013 entstand ausserdem die Marke Unicentres. Sie bietet Vorbereitungskurse auf ein Studium im Ausland an und arbeitet eng mit renommierten Universitäten in Grossbritannien, in den USA und Kanada zusammen. Neu garantiert Eurocentres das Bestehen des Cambridge-ESOL-Examens mit einer «Exam Success Guarantee». Alle Eurocentres-Schulen in Grossbritannien wurden von anerkannten externen Institutionen auf ihre Qualität geprüft und als überdurchschnittlich gut bewertet.
1962 legte Gottlieb Duttweiler persönlich den Grundstein zum GDI Gottlieb Duttweiler Institute in Rüschlikon, das seit seiner Eröffnung 1963 einen festen Platz im Migros-Kulturprozent einnimmt. Auf der Basis von Duttweilers Leitsatz «Der Mensch im Mittelpunkt und nicht das Kapital» erforscht und diskutiert der älteste Think-Tank der Schweiz zukunftsrelevante Entwicklungen und Megatrends aus den Bereichen Konsum, Handel, Wirtschaft und Gesellschaft.
Zu seinem 50-Jahr-Jubiläum stellte das GDI 2013 an öffentlichen Veranstaltungen einige ökonomische Gewissheiten in Frage. Den Anfang machte eine Neubetrachtung der Wirtschaft durch den tschechischen Ökonomen Tomáš Sedláček. Mit Matthias Sutter (Uni Innsbruck) folgte ein Vertreter der Verhaltensökonomie, der das nichtrationale Wesen des Menschen untersucht. Für kontroverse Debatten sorgten Wachstumsskeptiker Robert J. Gordon (Northwestern University) und der Vordenker der Occupy-Bewegung, David Graeber. Den Höhepunkt des Jahres bildete die Verleihung des Gottlieb-Duttweiler-Preises an den Verhaltensökonomen und Querdenker Ernst Fehr von der Universität Zürich.
2013 führte das GDI zwölf Eigenveranstaltungen durch. Hinzu kamen diverse Kundenanlässe, an denen Auftrags- und Partnerstudien vorgestellt wurden. Zwei Eigenstudien erhielten grosse Beachtung: «European Food Trends Report 2013» und «Sharity: Die Zukunft des Teilens». Über 160-mal referierten die GDI-Forschenden im In- und Ausland. Die Bereiche Gastronomie und Gastveranstaltungen legten in der ersten Jahreshälfte den Grundstein für ein erfolgreiches Jahr.
Das Lehrangebot des Gottlieb Duttweiler Lehrstuhls für Internationales Handelsmanagement der Universität St. Gallen erfreute sich 2013 einer regen Nachfrage bei den Studierenden. Auf Bachelorstufe kam neu der Kurs «Market Intelligence im kulturellen Kontext» hinzu, auf Masterstufe wurden «Customer Value im Handel» und «Internationales Handelsmarketing» gelehrt, und auf Doktoratsstufe «Writing Proposals for Academic Conferences». Der Lehrstuhl betreute 55 Bachelorarbeiten, 36 Masterarbeiten und 3 Dissertationen.
Die Kompetenzzentren «E-Commerce» und «Retail Branding» sowie das neue Zentrum für «Preismanagement» erarbeiten Forschungsergebnisse für Wissenschaft und Praxis. Der St. Galler Internettag thematisierte, wie Unternehmen mobile Kunden emotional verwurzeln, und stellte die Studie «Der Schweizer Online-Handel. Internetnutzung Schweiz 2013» vor. Fünf Branchenstudien analysierten Trends und Veränderungen im Kundenverhalten des Schweizer Detailhandels.
Für eine aktive Freizeitnutzung
Das Migros-Kulturprozent bietet der Schweizer Bevölkerung diverse Angebote für die aktive Freizeitgestaltung in der stadtnahen Natur. Im Zentrum stehen dabei vier Parks «im Grünen» sowie der Ausflugsberg Monte Generoso. Die Institutionen bieten Erholung, Naturerlebnis, Events und Gastronomie für Jung und Alt.
- Im Park im Grünen in Münchenstein fand während den Sommerferien täglich ein Kindertheater statt. Das Stück «Glaini Häggs Tintegläggs» begeisterte ebenso wie das zweitägige «Lilibiggs-Kinder-Festival». Neben dem «Drachenfest» und den Theaterabenden für Erwachsene war das Open-Air «Summerstage» mit internationalen Musikgrössen ein weiterer Höhepunkt.
- Im Park «im Grüene» Rüschlikon waren 2013 grosse Namen angesagt. So gastierte etwa Noëmi Nadelmann mit dem Zürcher Kammerorchester im Park. Im Herbst war der «Russ im Bergell» mit alpinen Abenteuern zu Gast. Der nahe gelegene Orange Garten, die begehbare, interaktive Geschichte der Migros, stiess auf grosses Publikumsinteresse.
- Im Gurten-Park überraschten am Wochenende Bands aller Stilrichtungen die Besucherinnen und Besucher. Rund 5000 Gäste sahen im April «Robin Hood» in einem Zirkuszelt. Das Gurtenfestival im Juli erlebte mit 77ʼ000 Fans einen neuen Zuschauerrekord. Auf der Mountainbike-Strecke fand 2013 die Europameisterschaft statt, die rund 8000 Sportlerinnen und Sportler anzog.
- Der Park Pré Vert du Signal de Bougy stand im Zeichen der Wiedereröffnung des aufwändig renovierten Restaurants. Zum neuen Angebot zählen Produkte aus der Region, mehr Ökologie und ein grösserer Komfort für die Gäste. Ebenfalls ausgebaut wurden die Dienstleistungen für die Besucherinnen und Besucher des Parks, darunter Gratis-Aufführungen für Kinder und Kochkurse.
- Auf dem Monte Generoso wurde das Neubauprojekt auf dem Kulm vorangetrieben, das nach einem Felsrutsch notwendig wurde. Der Neubau wird vom Tessiner Architekten Mario Botta konzipiert. Das meteorologisch aussergewöhnliche Jahr widerspiegelte sich auch in den Gästezahlen, die (bei weiterhin reduziertem Angebot auf dem Kulm) auf dem Stand 2012 blieben.