Minergie-Standard: Gewerbekälte heizt der Migros Rüschlikon Parkside ein
Ende November 2009 eröffnete die Genossenschaft Migros Zürich (GMZ) ihre erste Minergie-Filiale in Rüschlikon. Sie trägt eine Solaranlage auf dem Dach und ist zudem mit einer ausgeklügelten Haustechnik samt Regenwassernutzung versehen.
Bereits im Eingangsbereich zeigt sich, dass bei der neusten Filiale ganz auf umweltfreundliche Techniken gesetzt wurde: Auf einer Solarstromanzeige lässt sich ablesen, wie viel Strom die Photovoltaikmodule, die auf dem Supermarktdach montiert sind, gerade produzieren. Bei Hochbetrieb sind es 80 Kilowatt, damit lassen sich 80 Waschmaschinen betreiben. Jährlich liefert die Anlage, die von der Firma Stromwerk betrieben wird, 85'000 kWh Strom. Diese Menge reicht aus, um 25 Haushalte zu versorgen. Abnehmer des Stroms vom Migros-Dach ist die Solarstrombörse des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich (ewz).
«Die Zusammenarbeit zwischen der Migros und der Firma Stromwerk passt gut in unser Leitbild, in dem Nachhaltigkeit grossgeschrieben wird», sagt Paul Horber, Leiter Technik Verkaufsstellen der GMZ. «Wir stellen das Dach für die Montage von Solarzellen zur Verfügung, können so einer jungen, innovativen Firma Start-up-Hilfe geben, gleichzeitig die erneuerbaren Energie fördern und damit unser Image als nachhaltige Detailhändlerin stärken.»
Haustechnik der Zukunft
Das eigentliche umwelttechnische Herzstück der Migros Parkside aber steht hinter den Kulissen: Es ist die Haustechnik. Die Anlage, die im obersten Geschoss untergebracht ist und mit der das Raumklima in der Filiale gesteuert wird, präsentiert sich ähnlich unspektakulär wie eine normale Heizanlage, ist aber keine und ist schon gar nicht unspektakulär. «Hier wird ohne Öl und Gas geheizt», sagt Claudius Meier, Projektleiter Engineering der GMZ.
In einem Supermarkt fliessen grosse Energieströme. Leuchten, Menschen und Geräte bringen Wärme in den Laden hinein. Kühlgeräte – auch Kühlmöbel genannt – geben Kälte und Abwärme ab. Letztere liess man vor einigen Jahren noch ungenutzt verpuffen oder setzte allenfalls einen kleinen Teil für das Brauchwarmwasser ein. «Heute wird die Abwärme konsequent genutzt», sagt Meier. Und das funktioniert so: Damit die Produkte in den Kühlmöbeln kalt bleiben, braucht es ein Kältemittel (siehe Fussnote Kältemittel). Dieses wird in der Kälteanlage umgewälzt, verdampft in den Kühlmöbeln und nimmt Wärme auf, die in das oberste Geschoss transportiert und dort via Wärmetauscher in ein Wassersystem eingespiesen wird, einen gigantischen Speicher, der sich über drei Stockwerke erstreckt und rund 15'000 Liter Wasser fasst. Von hier aus fliesst das aufgewärmte Wasser in die Fussbodenheizung oder in sogenannte Deckenstrahlplatten, spezielle Heizkörper, die an der Decke montiert sind. Fertig ist der Heizungskreislauf.
Sein wichtigster Bestandteil, der Wärmetauscher, ist gerade mal so gross wie zwei Getränkeharassen, ersetzt aber eine komplette Heizanlage. Profitieren von dieser technischen Errungenschaft kann auch die im Parkside eingemietete Denner-Filiale.
Nun braucht man in einem Supermarkt aber nicht nur ein angenehmes Raumklima, sondern auch warmes Wasser, vor allem in der Fleisch- und Fischabteilung, wo regelmässig Geschirr abgewaschen werden muss. In Rüschlikon läuft die Warmwasseraufbereitung ebenfalls über eine Kälteanlage, diejenige für die Tiefkühlmöbel. Die Abwärme, die hier anfällt, wird ins Brauchwarmwasser eingespiesen, in einen Boiler mit 800 Liter Fassungsvermögen. Diese Menge reicht, um die ganze Filiale mit warmem Wasser zu versorgen.
Heiss, warm, kühl, kalt
Die Migros Parkside zeichnet sich aber nicht nur durch eine innovative Lösung für Heizung und Warmwasseraufbereitung aus, auch auf Klimakälte wird verzichtet. Der Supermarkt misst 1‘750 Quadratmeter und hat damit die richtige Grösse, um von einem ausgewogenen Verhältnis zwischen Kühlmöbeln und Beleuchtung profitieren zu können. Oder anders formuliert: Der Anteil der Gewerbekälte, der von den Kühlmöbeln kommt, ist so gross, dass er die Wärme, die von den Leuchten ausgeht, ausgleichen kann und damit an heissen Tagen für ein angenehmes Klima sorgt.
«Zu guter Letzt», sagt Paul Horber, «können wir auch noch mit einer technischen Kür aufwarten, einer Regenwassernutzung.» Dafür wird das anfallende Wasser auf dem Dach gesammelt, in einem Tank aufgefangen, filtriert und dann für die Spülung der Kunden-WCs, für die Blumenabteilung und den Aussenverkauf verwendet.
Fussnote Kältemittel
Die Genossenschaft Migros Zürich setzt seit Anfang 2010 für die Kühlung ihrer Produkte in Tiefkühlinseln und Kühlmöbeln konsequent ein CO2-Kältemittel ein.
Kohlendioxid (CO2) galt lange als gebräuchliches Kältemittel; es verlor erst durch die Einführung von synthetischen Kältemitteln an Bedeutung. Heute aber, angesichts der Klimaerwärmung, rückt es wieder in den Brennpunkt des Interesses: Weil es das Klima weniger belastet als die synthetischen Kältemittel. die wegen unvermeidlichen Verlusten als langlebige Treibhausgase freigesetzt werden. Gewonnen wird das CO2-Kältemittel aus natürlichen Quellen, es ist also auch so in der Atmosphäre bereits vorhanden. CO2-Kältemittel schädigen weder die Ozonschicht noch sind sie giftig oder brennbar.